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WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 2­2014
Foto: Manuela Müller
Handwerk
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Auch Maria wusste bis vor zwei Jahren gar nicht, dass es den Beruf Graveur
noch gibt.
„Ich habe zufällig in einer Zeitung darüber gelesen. Ich hatte zwar
studiert, aber mich da nicht richtig wohlgefühlt und war auf der Suche nach
einer Ausbildung.“ Eigentlich sollte es mehr in die schreiberische Richtung ge­
hen, aber auch das Zeichnen lag Maria schon seit ihrer Kindheit. „Graveur
schien mir jedenfalls das Richtige zu sein, und ich habe mich ganz spontan in
der Schule in Suhl beworben. Denn wir Graveure in Suhl werden schulisch aus­
gebildet. Das heißt, wir haben kein Unternehmen als Ausbildungsbetrieb.“
Maria hat dazu theoretischen Unterricht im Block von je sechs bis acht Wo­
chen an der Staatlichen Berufsschule in Arnstadt, fachpraktischen Unterricht
in Suhl und dazu 14 Wochen Betriebspraktikum.
„Das Gravieren ist ein traditionelles Handwerk, das wir hier von Grund auf
lernen“, erklärt sie.
„Unsere Werkzeuge sind hauptsächlich Hammer und
Stichel, mit denen wir Schrift, Ornamente oder auch richtige Bilder in verschie­
dene Oberflächen gravieren.“ In den meisten Fällen sind diese Oberflächen
aus Metall, manchmal aber auch aus Kunststoff. Bei Maria geht es speziell um
das Verzieren von Waffen. Graveure bearbeiten aber zum Beispiel auch
Prägewerkzeuge für Münzen, Messer, Türschilder und Schmuck. Die grundle­
gende Arbeit dabei sei aber immer dieselbe. „Man muss erstmal die Ober­
fläche reinigen. Sie darf auch keine Kratzer oder Roststellen mehr haben, des­
halb wird sie, wenn nötig, auch noch geschliffen und poliert; und zwar von
Hand. Das geht zwar auch mit Maschinen, aber in der Ausbildung lernen wir
die Grundtechniken ohne Hilfsmittel. Als nächstes werden dann die Motive
übertragen. Dafür benutze ich Vorlagen oder zeichne selbst etwas vor.“
Graviert wird dann mit Hammer und Stichel. „Die Techniken kann man lernen,
das Zeichnen im Grunde auch, aber ein bisschen Talent sollte man schon mit­
bringen“, sagt Maria. Sie selbst graviert am liebsten Tiere und Jagdszenen:
„Das gelingt mir auch am Besten. Was nicht heißt, dass ich nicht auch üben
muss.“ Gerade am Anfang brauche man viel Geduld und Zeit. Weil dafür der
Unterricht nicht immer ausreicht, hat Maria auch zu Hause einen Schraub­
stock und opfert die eine oder andere Stunde Freizeit. „Ich arbeite gern künst­
lerisch, da stört mich das nicht.“ Motiv ist übrigens nicht gleich Motiv. Was auf
eine Waffe kommt, hängt vom Modell ab. „Jagd war nicht unbedingt ein
Thema, was mich privat sehr interessiert hat“, gibt Maria zu, „aber es gehört
eben dazu und ist auch nicht wirklich ein Problem. Und schließlich kann auch
ein Jagdbild am Ende richtig schön und sogar dreidimensional aussehen.“ Dazu
legt Maria dann den Stichel weg und bearbeitet mit einer Zeichennadel die
hellen Effekte. „Dann wird noch einmal geschliffen und poliert, bis das
‚Schmuckstück‘ fertig ist.“ In der Berufsschule lernt Maria die Techniken und
Arbeitsmaterialien kennen. „Wir haben zum Beispiel Werkstoffkunde, aber
auch Maschinen­ und Gerätetechnik. Denn auch Graveure müssen Software
auf CNC­Gravierfräsmaschinen anwenden oder einen Laser programmieren
können.“ Das sei vor allem für die spätere Arbeit wichtig, „denn so ist man
nicht nur im Handwerksbetrieb, sondern auch in der Industrie einsetzbar.“ Ob
letzteres für Maria eine Option ist, weiß sie noch nicht. „Ich denke, das
Wichtigste in diesem Beruf ist, Erfahrung zu sammeln und besser zu werden,
und das ist erstmal mein Ziel.“ (mü)
Wenn die 24­jährige Maria und ihre Kolleginnen im Staatlichen Berufsbildungszentrum Suhl/Zella­Mehlis anfangen zu sticheln, dann nicht, weil sie sich ge­
genseitig ärgern wollen, sondern weil es zu ihrer Arbeit gehört. Sie sticheln sich dabei natürlich auch nicht gegenseitig, sondern als angehende Graveurinnen
unter anderem Jagdszenen auf Schmuckwaffen. Und lernen dabei einen Beruf, der bei vielen schon in Vergessenheit geraten ist.
Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Stichelei am Arbeitsplatz
Graveure verzieren Oberflächen aus Metall –
aber auch aus Kunststoff oder Porzellan – mit
Beschriftungen, Ornamenten oder bildlichen
Darstellungen.
Dauer: 3 Jahre
Voraussetzung: zeichnerisches Talent, gute
Augen, handwerkliches Geschick, Geduld,
technisches Verständnis, ärztliches Attest über
neun Stunden stehende Tätigkeit und Bestehen
einer Eignungsprüfung
Chancen: Wie in jedem Hand­
werk, ist auch bei den Gra­
veuren eine Meisterausbil­
dung möglich. Außerdem
kann man zum Beispiel in
die industrielle Produktion
von Werkzeugen wechseln.
Graveur
(m/w)
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